Mit dem „Gesetz für mehr Sicherheit in der Arzneimittelversorgung“ (GSAV) hat Bundesgesundheitsminister Jens Spahn die Selbstverwaltung beauftragt, bis zum September dieses Jahres alle notwendigen Regelungen für den Einsatz des e-Rezeptes zu schaffen. Zur Erinnerung: Die ehemalige Gesundheitsministerin Ulla Schmidt hatte die Einführung des

e-Rezeptes bereits für 2006 angekündigt – und eigens dafür die Gematik GmbH installiert. Jetzt, rund eineinhalb Jahrzehnte später, soll es das BMG richten.

Die Hürden sind hoch. Wir stimmen mit der KBV überein, dass das e-Rezept nicht zwangsweise eingeführt werden darf. Die Zahl der Patienten, die sich mit moderner IT nicht auskennt oder (aus welchen Gründen auch immer) so etwas wie e-Rezepte und Co. ablehnt, dürfte im Millionenbereich liegen.

Schon vor diesem Hintergrund ist Spahns ambitionierte Vorgabe ebenso lebensfremd, wie die – zwar etwas nüchternere – Einschätzung der ABDA zu diesem Thema illusorisch erscheint. Die notwendigen Modellversuche laufen gerade erst an, und eine technisch zertifizierte Ausrüstung gibt es auf dem Markt derzeit nicht. Und noch etwas: Marktanalysen belegen, dass es im Durchschnitt fünf Jahre dauert, bis potentielle Anwender von einer neuen Technologie überzeugt werden können.

Ich bezweifle nicht, dass das e-Rezept kommen wird und das analoge Medium ersetzt. Ich stelle jedoch fest, dass sich die Protagonisten über das Ziel nur notgedrungen einig sind und über das erforderliche Zeitfenster noch weniger.

Was wir fordern, ist ein diskriminierungsfreier Zugang zu dem neuen Medium. Dazu soll der Staat das natürliche Monopol dem DAV übertragen, der mit seiner Web-App allen Patienten einen neutralen datensicheren Zugang schafft – eine App, die übrigens auch der neue Gematik-Chef, Dr. Markus Leyck Dieken, für die überzeugendste Lösung hält.

Fazit: Das e-Rezept kommt nicht im Sauseschritt. Wir sind darauf vorbereitet, werden aber noch viele Jahre mit dem analogen Rezept leben. Die digitale Zukunft und der Medienbruch machen uns keine Angst. Die algorithmische Revolution ist längst Geschichte, obwohl die Zukunft schon einmal besser war.

Wir haben die elektronische Rezeptabrechnung Mitte der neunziger Jahre an führender Stelle bravourös gemeistert, und dies bei allen Schwierigkeiten, die sich nun einmal bei komplexer Zusammenführung von Soft- und Hardware immer wieder ergeben. Wir werden auch die nächste digitale Hürde locker überwinden. Dessen bin ich gewiss.

Ihr

Herzlichst Ihr

Dr. Jörn Graue